Wuppertaler ist Ikone der US-LGBTQ-Bewegung

Der Wuppertaler Frank Schäfer ist Pfarrer in den USA und vermählte seinen Sohn mit einem Mann. Dafür gab es Ärger - und Ruhm.

Die Amerikaner zu Besuch bei der Familie: Frank Schäfer, Wolfgang Meyer, Debbie Schäfer,
Brigitte Schäfer, Tina, Ida und Marc Schulz (v.l.)

Wuppertal. Für Frank Schäfer ist das, was gerade in Deutschland passiert ist, ein Geschenk, sagt er. Dass er das miterleben durfte, sei etwas ganz Besonderes. Es geht um das Votum für die Gleichstellung der Ehe von Homosexuellen im Bundestag - das gestern im Bundesrat gebilligt wurde. Für Schäfer war die Abstimmung noch ein bisschen mehr, als für viele andere. Denn Schäfer hat eine besondere Geschichte.

Er ist einer der wenigen, wenn nicht der einzige Wuppertaler, der den ehemaligen Präsidenten Barack Obama und dessen Frau Michelle im Weißen Haus besuchen durfte. Und einer der wenigen Wuppertaler, die es zu landesweiter Berühmtheit in den USA geschafft haben – und zwar als methodistischer Pastor, der sich für die Rechte von Homosexuellen einsetzt. Und damit für die Rechte seiner Kinder.

Schäfer wurde 1961 in der Landesfrauenklinik geboren. Er wanderte als junger Mann in die USA aus und wurde methodistischer Pastor in Pennsylvania. Schäfer hat vier Kinder, drei davon sind homosexuell. „Gott wollte, dass ich die Nachricht mitbekomme“, sagt er dazu und lacht.

„Gott wollte, dass ich die Nachricht mitbekomme.“

Frank Schäfer darüber, dass drei seiner vier Kinder homosexuell sind

Schäfers ältester Sohn Tim bat ihn 2007, ihn und seinen Freund Bobby zu trauen. Schäfer sagte zu – „ich habe nicht gezögert“, sagt er, „natürlich“ mache er das. Er hat seine Vorgesetzten informiert, und nach eigenen Angaben keinen Widerspruch bekommen. „Viele an der Spitze sind dafür, schweigen aber“, vermutet Schäfer. So auch er – denn seine Gemeinde habe er im Dunklen gelassen, um keine Mitglieder zu verlieren. Das hat sich erst geändert, als es doch noch Widerworte gab. Denn kurz vor Ende der Widerspruchsfrist nach fast sechs Jahren, gab es eine Beschwerde und Schäfer wurde seines Amtes enthoben.

Er klagte dagegen und erhob die Stimme. Und wurde so berühmt – er trat im Fernsehen auf, in Talkshows, wurde Thema in zahlreichen Zeitungsartikeln und einem Dokumentarfilm. 2014 wurde er mit Frau und Sohn zu einem Gay-Pride-Event ins Weiße Haus zu Michelle und Barack Obama eingeladen. Schäfer steht ihm nah. Nach der Wahl Trumps twitterte er das Foto von diesem Tag mit den Worten: „In meinem Herzen wird er immer mein Präsident sein.“

 

Vor allem die Christen sträuben sich

Für Schäfer ist die Entscheidung in Deutschland ein historischer Moment – den er auch noch bei seinen Verwandten in Deutschland begehen konnte. Er war bis vor wenigen Tagen bei seiner Nichte, Tina Schulz, der Frau des Grünen-Fraktionsvorsitzenden im Rat, Marc Schulz, in Wuppertal zu Besuch. „Das ist eine tolle Sache“, sagt er. Es sei „der Hammer“, dass die Entscheidung auch noch unter einer CDU geführten Regierung zustande gekommen sei, sagt er. Auch wenn Angela Merkels Nein ihn enttäuscht habe. Gerade christliche Kreise seien es, in Deutschland wie in den USA, die sich gegen die Rechte Homosexueller stellten. „Die Problematik ist überall die gleiche: Die Bevölkerung ist dafür, aber bei den Christen hapert’s“, sagt er. Das sei vor allem in den USA besorgniserregend, weil die Republikaner stark von den evangelikalen Rechten bestimmt würden. Die haben einen großen politischen Einfluss auf die aktuelle Regierung.

Deswegen hätten seine Kinder und Freunde auch Angst, dass ihnen ihre Rechte wieder aberkannt würden – und der Fortschritt, etwa beim Arbeitsschutz für Homosexuelle nicht einsetze. „Bis heute können Homosexuelle ihren Job verlieren, wenn sie nur ein Bild vom Partner auf ihrem Schreibtisch aufstellen“, sagt er. Gerade unter Präsident Donald Trump mache die Gesellschaft wieder Rückschritte – „unter dem Deckmantel der religiösen Freiheit“.

Schäfer versteht nicht, warum in Deutschland nicht mehr gefeiert wurde, nach der Entscheidung. Er jedenfalls werde die frohe Botschaft in seine neue Gemeinde in Santa Barbara, Kalifornien, bringen und gebührend feiern, er will es in seinem Blog erwähnen und in den Reden, für die er noch oft gebucht wird.

„Ich kann mir nicht mehr vorstellen, nicht die Stimme zu erheben“, sagt Schäfer. Das wird er weiter tun, für die Gemeinde der Homosexuellen, für eine bessere Gesellschaft. Und für seine Kinder.

Der Regisseur Scott Sheppard hat 2015 einen Dokumentarfilm über die Geschichte von Frank Schäfer und seinen Kindern gedreht. Er heißt: An Act of Love. A Father. A Church. A Movement. (Ein Akt der Liebe. Ein Vater. Eine Kirche. Eine Bewegung.)